Ich fliege durch die Luft. Unter mir fliegt die Landschaft dahin. Bäume und Wälder wechseln sich ab mit Wiesen. In der Ferne sehe ich einen Tafelberg. Er ist wolkenverhangen. In Blitz schlägt auf ihm ein. Wildes Trommeln begleitet mich.
„Komm zu mir“, ruft mich eine Frau.
Die Stimme ist vertraut. Ich kenne sie. Es ist lange her, dass ich sie gehört habe. Auch in einem Traum. Sie ruft mich wieder. Der Tafelberg zieht mich magisch an.
Inzwischen fliege ich über die Steppe. Ganz nah über den Boden. Unter mir verwischt das Gras zu einem grünen Teppich. Der Tafelberg ist schon ganz nah und ich schwinge mich auf, um das Plateau zu erreichen.
Auf dem Plateau ist es windig. Es stürmt. Blitze zucken um mich herum und ich fliege auf ein kleine Schwitzhütte zu, die genau auf der Mitte der Tafel dem Sturm und den Blitzen trotzt.
Die Tür öffnet sich und ich fliege hinein. Ein Feuer prasselt in der Mitte und beleuchtet die alte Frau. Sie lächelt mich an und winkt mich zu sich. Sie ist nackt und verschwitzt. Ich blicke an mir herab und sehe, wie der Schweiß auch an meinem Körper herabfließt.
Es ist heiss. Die Alte legt Kräuter auf die Glut und schlagartig verdunkelt dichter Rauch das Innere der Hütte. Sie nimmt meine Hand und führt mich nah ans Feuer. Dabei sieht sie mich an.
„Eine Abzweigung auf deinem Weg ist nahe. Nutze die Chance, etwas zu bewirken. Folge dem Ruf des Bussards.“
Ich sehe sie verwundert an, als ein kräftiges Brumme von außerhalb der Hütte meine Aufmerksamkeit weckt. Es brummt immer wieder und immer lauter. Die Tür der Hütte fliegt auf. Ich werde hearausgezogen und fliege wieder durch die Luft. Rückwärts zu dem Ort, an dem ich gestartet bin.
„Folge dem Ruf des Bussards“, ruft mir die Alte hinterher und auf einmal ich Schwärze um mich herum.
Ich liege im Dunkeln. Ich bin wach. Der Traum vorbei – Folge dem Bussard. Eigenartig. Ich höre wieder dieses Brummen. Was ist das? ich bin noch nicht ganz da.
Da ist es wieder und ein Leuchten neben mir. Da dämmert es langsam. Mein Smartphone vibriert. Ich greife danach. Sehe gleichzeitig die Uhrzeit. Viertel nach zwei in der Nacht.
Das sollte echt wichtig sein!
Ich gehe ran.
„Ja?“
„Micha bist Du wach?“
„Wer ist da?“
„Der Boris! ich brauche Dich!“
„Jetzt? Wofür?“
„Ja. Bin mit dem Grafen an meinem Hochsitz. Wir haben auf was geschossen. Es ist aber geflohen… und verletzt.“
„Scheiße, Boris. Nicht schon wieder. Und ich soll das jetzt wieder richten.“
„Ja. Ich brauche Dich hier. Es ist ja nicht zu deinem Nachteil.“
„Was meinst Du?“
„Deine Survivalschule läuft doch nicht bei dem beschissenen Wetter. Ich ….. Wir bezahlen Dich!“
„Okay. Gib mir 20 Minuten.“
„Danke. Du bist der Beste.“
Ich lege auf und komme langsam aus dem Bett. Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir, dass es angefangen hat zu schneien. Früh in diesem Jahr. Im November.
Schnell ziehe ich mich an und packe meinen Bereitschaftsrucksack. Schlüssel, Handy, Smock und Mütze. Dann bin ich schon draußen.
Richtiges Schneegestöber. Das wird mit dem alten Suzuki Jimny ja ein Spaß. Das mit den 20 Minuten wird wohl nicht klappen.
Eine Dreiviertel Stunde später komme ich schlitternd neben Boris Pick-Up zum stehen. Von hier ist es nicht mehr weit zum Hochsitz. Ich stapfe durch den Schnee und treffe auf Boris und den alten Grafen.
Er sieht mitgenommen aus. Der letzte einer langen Linie von Grafen, die über diese Ländereien gewacht haben. Der letzte. Scheiße, ich habe seinen Sohn sterben sehen.
Ich schüttle das blutige Bild ab, gehe zu ihm hinüber und gebe ihm die Hand. Seine Hand zittert. Nicht nur die Kälte auch Adrenalin, was sich abbaut.
Ich wende mich an Boris.
„Was ist passiert?“
Boris ergreift meinen Arm und zieht mich ein paar Meter vom Grafen weg. Leise sagt er:
„Der olle Graf wollte noch mal Jagen. Ich dachte, wir könnten einen schönen Braten ausknipsen. Leider hat er daneben geschossen und das Tier nur verletzt. Ich konnte keinen weitern Schuss anbringen, da war es schon weg.“
„Wo?“
Er weist in die Richtung. Ich kann den Schusskanal genau erkennen.
„Alles klar. Ich kümmere mich darum. Aber das kostet dich was mehr.“
Da meldet sich der Graf zu Wort.
„Michael, wenn Sie das erledigt haben, bekommen Sie von mir so viel Geld, dass Sie über den Winter kommen und ich überlege mir, ob ich nicht mehr für Sie tun kann. Ihr Vater ist mein Anwalt und ein guter und treuer Freund.“
„Lassen Sie meinen Vater da raus!…Na gut. Ich erledige das und sie sehen zu, dass Sie Heim kommen. Das ist heute viel zu kalt. Boris nimm ihn mit und dann ab mit euch. Ich brauche hier niemanden, der mir die Spuren zertrampelt.“
„Alles klar, Micha. Tu dein Mojo-Ding, oller Schamane.“
Ich warte nicht, bis sie gefahren sind. Drehe mich um und stapfe in die Dunkelheit. Als ich aus Ihrem Blickfeld bin, ziehen ich die Stirnlampe über den Kopf. Ein schwacher, weißer Lichtstrahl beleuchtet ein paar Meter vor mir den Schnee.
Keine zwanzig Meter weiter entdecke ich Blut und aufgewühlten Schnee und Erde. Ich knie mich hin und untersuche alles. Meine behandschuhte Hand tastet den Boden ab. Mein Blick und mein Tastsinn sezieren die Stelle. Ein Bild entsteht in meinem Kopf.
Das Tier wird getroffen, kann aber nicht weglaufen und kämpft mit irgend etwas. Mit wem? Nein! Mit was?
Ich ziehe die Handschuhe aus und betaste nochmal den Tatort. Da! Eine feine Schnur. Eine Schlaufe mit einer kurzen Leine. Abgerissen, nein, abgebissen. Im Licht der Taschelampe erkennen ich die Paracord. Da ist wieder geronnenes Blut dran.
Mein Blick scannt die Umgebung. Da am Baum sind Fußspuren von einen Menschen. Auch hier untersuche ich alles ganz genau.
Boris, du Arschloch. Wolltest es nicht dem Zufall überlassen. Hast eine Schlingfalle gelegt. Das Tier wurde gefangen und der Graf hat geschossen. In seiner Panik biss das Tier die Leine durch und floh. Ob der Graf von der Falle wusste? Wahrscheinlich nicht. Boris kann sowas. Er war immer schon so.
Er hat die Leine nach der Flucht des Tieres entfernt. Seine Spuren aber nicht und die Reste der Schlinge hat er wohl nicht gesehen.
Was für ein Tier war das? Ich erkenne die Richtung, in die es gelaufen ist. Langsam robbe ich neben der Spur entlang, um eine Abdruck zu finden. Wenn ich weiss, welchem Tier ich folge, wird manches einfacher.
Da. Da ist ein Abdruck. Die Fährte ist bekannt – Canide. Ob Hund oder Wolf kann ich aber nicht sagen. Scheiße, wenn es ein Wolf war. Die stehen unter Naturschutz. Das gibt mächtig Ärger.
Ich verfluche mich, mich wieder mit Boris eingelassen zu haben. Der Arsch zieht solchen Ärger einfach an.
Ein Schrei schreckt mich auf. Das war keine Eule. Das war ein Bussard! Mitten in der Nacht? Folge dem Ruf des Bussards. Die Stimme der Alten aus meinem Traum kommt mir in den Sinn.
Da ist er schon wieder. Genau in die Richtung, in die die Fährte verläuft. Meine Herz beginnt zu klopfen. Aufregung und Nervenkitzel machen sich breit. Ist das das Zeichen, auf das ich schon so lange warte?
Komm runter, Atme durch. Atme langsam. Ein und Aus. Ein, Pause, aus. Langsam beruhige ich mich und ich fokussiere die Fährte vor mir. Das Licht der Stirnlampe wechsle ich auf rot, um im Wald meine eigene Nachtsicht nicht zu verlieren.
Weiter geht‘s!
Die Spur ist um frischen Schnee gut zu erkennen. Ich bin mir inzwischen sicher, dass ich einem Wolf folgte. Anfangs hat er noch ganz deutlich geschnürt. Seine Hinterpfoten trafen genau auf die Spur der Vorderpfoten. Ein fast untrügliches Zeichen, dass es sich um keinen Hund handelt, da diese das nicht zeigen.
Aber inzwischen treffen die Spuren nicht mehr aufeinander. Der Wolf ist geschwächt. Er verliert richtig viel Blut. Wahrscheinlich werde ich am Ende nur einen toten Kadaver finden. Den ich dann noch entsorgen muss, damit die Forst- und Umweltbehörden hier nicht rumschnüffeln. Scheiße!
Da war wieder der Schrei des Bussards. Ganz nah!
Ich weiß, wo ich bin. Das alte Teufelsloch liegt vor mir. Ein Höhle, in der ich mit meinen Jugendfreunden früher gespielt habe. Sie ist gefährlich. Ganz hinten in der Höhle ist ein alter Schacht, der senkrecht in die Tiefe stürzt. Er ist zwar abgedeckt und verschlossen, aber wir Kinder waren von ihm fasziniert.
Boris wollte ihn damalig öffnen und runtersteigen. Willy und Bernd fanden das nicht so toll. Geschafft hat Boris das nicht. Irgendwann wurde de Höhle dann archäologisch untersucht. Der Schacht ist etwa fünfzig Meter tief und unten fand man menschliche Knochen. Man vermutete rituellen Kanibalismus, da die Knochen Spuren menschlicher Zähne aufwiesen.
Da nach war es mit Spielen dort vorbei. Wir Kids hatten einfach zu viel Schiss und es mehrten sich die Geschichten, dass dort Geister ihr Unwesen treiben. Auch hörte man aus dem Teufelsloch immer wieder Geräusche. Es war wohl nur der Wind. Ich war schon lange nicht mehr hier gewesen.
Mein Kopf ruckt in Richtung des Bussards, der über dem Höhleneingang in ein Baum sitzt und ruft. Sein Blick ist auf mich gerichtet. Ist das das Zeichen der Alten?
Die Spuren des Wolfs führen in die Höhle hinein. Ich will da nicht wirklich hinein. Eine Auseinandersetzung mit einem verletzten Wolf könnte gefährlich werden.
Ich hol mein kleines Tomahawk aus dem Rucksack und fälle eine junge Haselnuss in der Nähe. Der Stamm ist etwa anderthalb Zentimeter im Durchmesser. Diesen kürze ich auf etwa zwei Meter Länge und binde mit Paracord mein altes Kampfmesser von der Bundeswehr an die Spitze.
Nun habe ich einen Speer, der den Wolf auf Abstand halten könnte. Ich nehme ihn in die rechte Hand und das Tomahawk in die Linke. Vorher schalte ich die Stirnlampe wieder auf weißes Licht und betrete langsam und vorsichtig die Höhle.
Der letzte Schrei des Bussards verklingt, als ich mich langsam dem schwarzen Loch nähere. Beklemmung steigt in mir auf, als von allen Seiten Felsen mich umschließen.
Als Kind fühlte sich die Höhle größer an. Jetzt kommt Sie mir klein vor. Vorsichtig schleiche ich mich mit kleinen Schritten voran. Angespannt. Wird mich der Wolf attackieren?
Nein! Keine fünf Meter liegt er vor mir – tot. Die Augen weit geöffnet. Die Zunge hängt aus den blutigen Lefzen. Das Fell ist rot. Lungenschuss. Dafür ist er aber noch weit gekommen!
Aber darüber denke ich nicht nach. Mein Körper beginnt zu zittern, als sich das Adrenalin abbaut. Doch kein Kampf mit einem schwerverletzten Wolf.
Ich knie mich hin und untersuchte das Tier. Es war ein Weibchen. Sie hat verdammt lange durchgehalten bei dem Blutverlust. Ich denke darüber nach, wo und wie ich die Wölfin entsorgen könnte.
Das Teufelsloch kommt mir wieder in den Sinn. Ich schaue mich um und finde schnell das verschlossene Gitter, dass den Stollen sichert. Ich untersuche das Schloss. Es ist ein einfaches Vorhängeschloss.
Das bekommt man ja mit einer Haarnadel auf, denke ich noch und krame schon in meinem Rucksack nach meinem Lock-Picking-Set. Ja, vorbereitet sollte ein Survivalist schon sein.
Ich finde das Set und mache mich direkt an die Arbeit das Schloss zu öffnen. Ganz so gut geht es mir nicht von der Hand – zu wenig Übung! Ich mache mir noch schnell darüber eine geistige Notiz, dann ist das Schloss offen.
Ich öffne das Gitter und spähe in die dunkle Tiefe. Der Strahl meiner Stirnlmape schaffte es nicht bis zum Boden. Ich drehe mich zur Wölfin zurück und erstarre. Zwischen mir und ihr steht ein junger Wolf und blickte mich an.
Scheiße, geht es mir durch den Kopf. Warum habe ich das nicht bedacht und die Höhle gründlich durchsucht. Die Wölfin wollte zu ihren Welpen zurück.
Scheiße, mehr als einer? Ist der zweite Gedanke und ich greife zur Scheide meines Messers. Doch da ist keins. Es ist jetzt die Spitze meines Speers und der liegt mit dem Tomahawk neben der Wölfin – unerreichbar.
Derweil schaut mich der Jungwolf weiterhin unverwandt an. Er macht keine Anstalten mich anzugreifen. Auch nehme ich keine weiteren Wölfe wahr. Ich fange an, den Wolf wie einen Hund zu loben und versuche mich ihm zu nähern. Er schnüffelte in meine Richtung und nähert sich zaghaft.
Die Schnauze des Jungwolfs kommt meiner ausgestreckten Hand sehr nahe. Schnüffelt weiter und springt dann beiseite.
Ich drehe die Leuchtstärke meiner Stirnlampe voll auf. Schnell checke ich die ganze Höhle mit dem Lichtstrahl. Nur ich, der Jungwolf und die tote Wölfin sind hier.
Der Jungwolf liegt ein Wenig abseits und blickt mich neugierig an. Was nun, frage ich mich. Einen verwundetes Tier von seiner Qual zu erlösen ist die eine Sache, ein Tier zu töten, dass noch ein Leben vor sich hatte, etwas ganz anderes. Getötet hatte ich schon. Damals bei der Bundeswehr. Weit weg. Jahre her. Sowas ist nicht einfach. Das Töten an sich eigentlich nicht, aber die Qual danach. Die schon.
Ich treffe eine Entscheidung, packe die tote Wölfin und schleudere sie ins Teufelsloch. Dann werfe ich das Gitter zu und raste das Schloss wieder ein.
Jetzt zu Dir! Spreche ich den Jungwolf an. Dieser wedelt mit dem Schwanz und legt den Kopf schief. Ob er alleine überleben kann? Ich packe meine Sachen und stapfe entschlossenen Schrittes aus der Höhle.
Der Wolf folgt mir.
Ich lass mich nicht beirren und lege meinen Weg schnell bis zu meinem geparkten Wagen zurück. Der Wolf war die ganze Zeitda. Er folgte. Nie auf Tuchfühlung. Immer etwa 10 Meter um mich rum. Mal war er vor mir dann neben mir oder hinter mir.
Ich öffne den Kofferaum des Jimny und als ich den Rucksack vom Rücken nehme, springt ein Schatten an mir vorbei. Da sitzt nun ein Jungwolf in meinem Auto, als wäre es das normalste von der Welt. Er tapst durch bis nach vorne und kuschelt sich dann auf den Beifahrersitz ein.
Na toll. Ich schlage die Kofferraumklappe zu und atme wieder einmal tief durch. Jetzt habe ich einen Wolf im Wagen und der es scheint so, dass er sich mir anschließen wil. Kann ich das gebrauchen?
Ich zücke mein Smartphone und rufe Boris an. Er geht sofort ran.
„Hi Micha. Alles erledigt?“
„Du bist ein Arsch. Wann wolltest Du mir das von der Schlingfalle sagen?“
„Sorry, Mann. Habe ich vergessen. Ich wollte, dass der alte Graf zum Schuss kommt. Konntest Du das Tier aufstöbern.“
„Du ein herzensguter Mensch? Was soll für Dich rausspringen? Sag schon!“
„Es geht dich nichts an, wie ich meine Geschäfte führe! Misch dich da nicht ein mit deiner Wiesnase, du Klugscheißer.“
„Mann, Boris. Wann hören Deine Spielchen endlich mal auf.“
„Also, hast Du das Tier gefunden.“
„Ja. Es war eine Wölfin. Sie liegt jetzt tot im Teufelsloch.“
„Ein Wolf. Tatsächlich. Gut, dass er weg ist, sowas bringt nur Ärger!..In der alten Höhle? Scheiße. Da kommt im Frühjahr immer der komische Höhlenforscher. Da kann sie nicht bleiben.“
„Soll ich sie etwas da jetzt wieder rausholen und in Einzelteile verbuddeln? Um Da runter zu steigen brauche ich einen zweiten Mann.“
„Stimmt! Pass auf wir treffen uns da und holen Sie raus.“
„Okay. Ich fahre eben heim und hol das Kletterzeug. In zwei Stunden an der Höhle. Und bring Geld mit. Das bezahlst Du mir!“
„Alles klar. Ich hab nen tausender hier!“
Ich lege auf.
Boris braucht den Jundwolf nicht zu sehen. Das würde nur Ärger geben. Langsam steige ich auf der Fahrerseite ein. Der Wolf schläft. Ich starte den Wagen und fahre los. An einer Tankstelle auf dem Weg kaufe ich noch ein paar Dosen Hundefutter.
Daheim trottet der Wolf direkt aus dem Jimny und sobald die Tür des alten Bauwagens offen ist, verkriecht er sich unter mein Feldbett. Puh, das wird aber eng und kuschlig zu zweit.
Ich nehme meine Kletterausrüstung und schließe schnell die Tür von außen ab, damit der Wolf nicht wieder mitkommt und bin kurze Zeit später an der Höhle. Boris wartet schon.
Die Begrüßung beschränkt sich auf ein wortkarges Nicken. Er wirft mir ein Bündel 50-Euro-Scheine zu, die sofort in meinem Smock verschwinden.
Mit geübten Handgriffen machen wir uns an die Kletterausrüstung. Das hatten wir schon unzählige Male bei der Bundeswehr gemacht. Die Routine gibt uns Sicherheit und es legt das alte Gefühl der Verbundenheit von langer Freundschaft und Waffenbruderschaft wieder frei.
Boris sichert mich während ich langsam den Stollen herabgleite. Ich hänge in einem Konkon von Licht und kann den Boden zu meinen Füßen nicht ausmachen.
Endlich treffen meine Wanderstiefel auf den Boden das Stollens. Wenn ich in der Mitte stehe und beide Arme seitwärts ausstrecke, berühren meine Hände die Felswände. Ich leuchte den Boden ab.
Hier ist nichts! Kein Wolf, kein Blut, kein Ausgang. Wie ist das möglich?
Ich untersucht alles akribisch. Nichts. Keine Spur, dass hier jemals ein Wolf oder ein Tier gewesen war. Kein Ausgang, über den ein Lebewesen hätte fliehen können. Ich mache ein paar Fotos mit dem Smartphone und gehe dann an den Aufstieg.
„Wo ist der Wolf“, fragte Boris als ich wieder oben war.
„Da unten war nichts.“
„Was? Willst Du mich verarschen? Du hast gesagt, du hast den Kadaver da runter geworfen.“
„Ja. Habe ich und trotzdem ist da unten nichts. Schau selber nach. „
Ich reichte ihm mein Smartphone und er scrollte durch die Fotos.
„Bist Du sicher, dass Du die Sache nicht geträumt hast? Micha! Bist Du wieder stoned!“
„Nein. Hier war ein toter Wolf und ich habe ihn da runter geworfen. Ich versteh es ja selber nicht.“
„FUCK! … Na wenigstens ist da jetzt kein Wolf. Lass uns einpacken und den Rest der Nacht noch etwas Schlaf finden. Wir reden morgen!“
Schweigend packen wir ein, verlassen die Höhle und fahren davon. Beide sprechen wir kein Wort mehr.
Beklommen öffne ich die Tür zum Bauwagen. Der Jungwolf ist noch da. Jetzt liegt er auf meinem Feldbett und schaut mich an. Ich hatte also nicht geträumt. Was läuft hier gerade falsch, geht es mir durch den Kopf.
Ich will heute nicht mehr darüber nachdenken, setze mich auf das Feldbett und kraule dem Wolf die Ohren. Er lässt mich gewähren und rollt sich auf den Rücken. Auch eine Wölfin kommt es mir in den Sinn als ich langsam durch das Bauchfell kraule.
Dann schlafe ich ein.
Ich bin wieder auf dem Plateau. Über mir kreist der Bussard und sein Ruf treibt durch die Dunkelheit.
Komm, sagt die Stimme der Alten und ich betrete wieder in die Schwitzhütte. Das Trommeln ist wieder da. Ich bin wieder nackt. Genau wie sie und sie ist nicht alleine. Eine junge Frau steht neben ist. Ihr langes schwarzes Haar umrahmt ihr Gesicht und die schwarzen Locken fallen an ihrem nachten Körper herab.
Sie lächelt mich an und sagt:
„Ich bin Moon. Danke, dass Du mich gefunden und ins Rudel aufgenommen hast.“
Dann verwandelte Sie sich in die Jungwölfin und fliegt aus der Schwitzhütte an mir vorbei.
Mit einem Ruck bin ich wach. Die Wölfin liegt auf meiner Brust.
-Hallo, Moon.-, sage ich und kraule sie hinterm Ohr.
Hier geht es weiter!
Hat Dir die Geschichte gefallen? Dann lass doch einen Daumen nach oben da! Das würde mich sehr freuen. Aber auch, wenn er Dir nicht gefallen hat, kannst Du ihn mit einem Daumen nach unten bewerten. Toll wäre es, wenn Du mir ein Feedback gibst. Schreib mir einfach eine E-Mail an rb.bjoern.eickhoff@gmail.com