Klaus kam zur Einmündung und bog um die Ecke. „Scheiße“, ging es ihm durch den Kopf. Er sah nur noch die Rücklichter des Busses in der Dunkelheit verschwinden. Rennen war jetzt unnötig! Den Bus hatte er verpasst und der Nächste würde erst in einer halben Stunde fahren.
Gemächlich ging er auf das helle Viereck der Bushaltestelle auf der sonst dunklen Landstraße zu. Er hasste es, hier im Nirgendwo zu stehen. Deshalb war er ja auch früh genug losgegangen. Er kontrollierte die Uhrzeit. Der Bus war gut fünf Minuten zu früh durchgefahren. „Da werde ich mich morgen direkt beschweren!“ Aber das half ihm jetzt auch nichts.
Im Wartehäuschen legte er seinen Rucksack auf die Bank und setzte sich daneben. Nach einem kurzen Durchatmen legte sich sein Ärger. Trotzdem brauchte er jetzt erst einmal eine Zigarette! Er kramte im Rucksack nach der Schachtel, fand sie und nahm sich eine. Nachdem er sich die Zigarette angezündet hatte, stand er wieder auf und sah sich um. Die Wände des Wartehäuschen waren über und über mit Graffittimalereien beschmiert.
Er fand aber auch eine Stelle, da waren mit einem Lackstift Worte aufgeschrieben. Nur mit Mühe konnte er sie entziffern: „ Ich bin eine geiler Hengst und suche einen großen Schwanz, den ich lutschen kann. Bin immer um 2:30 Uhr hier.“
Klaus sah lieber nochmal auf seine Uhr. In nächster Zeit würde der Verfasser der Zeilen wohl nicht hier auftauchen. Doch trotzdem sah Klaus links und rechts die Straße herunter, ob er auch wirklich alleine war. Nicht mal ein Taxi oder irgendein anderes Auto war die letzten paar Minuten an ihm vorbei gekommen.
Plötzlich hörte er ein Kratzen auf dem Dach des Wartehäuschen. „Bestimmt nur die Äste im Wind.“ Doch da stutzte er. Da war kein Wind. Nichtmal die Sträucher neben der Haltestelle bewegten sich und doch war das Kratzen ganz deutlich zu hören.
Klaus trat ein paar Schritte aus dem Lichtkegel der Lampe hinaus und blickte nach oben. Da war nichts! Trotzdem überkam ihn ein mulmiges Gefühl. Er schüttelte den Kopf und fluchte über sich selbst und seinen dummen Ängste im Dunkeln.
Er nahm sich lieber noch einen Glimmstengel. Das würde ihn beruhigen. Langsam und tief sog er den Rauch ein. Da schlug etwas so hart gegen die Rückwand der Haltestelle, dass diese erzitterte.
Klaus sprang zurück. Raus aus dem Lichtkegel der Lampe. Die Zigarette ließ er vor Schreck fallen und hustete den letzten Rauch aus seinen Lungen. Angst und Panik flammten in ihm auf. „Hey du Arschloch! Komm da raus!“, schrie er in die Dunkelheit.
Sein Herz schlug heftig und er hörte wie sein Blut in seinen Ohren rauschte. Unbeweglich stand er da und wartete. Er konzentrierte sich auf jedes Geräusch und versuchte jede Bewegung wahrzunehmen. Aber nichts passierte. Vielleicht doch nur ein Tier! Doch dann fing das Licht an zu flackern und nach ein paar Sekunden ging es ganz aus.
Dunkelheit umfing ihn. Da sich seine Augen nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er seine Umgebung fast nicht erkennen. Er brauchte ein Licht. Schnell durchsuchte er seine Hosentaschen nach dem Feuerzeug. Die kleine Flamme spendete aber nur wenig Helligkeit. Aber wenigstens konnte er sich orientieren.
In der Finsternis meinte er ein Kichern zu hören. Zwei oder drei Meter vor ihm, hinter der Rückwand. Als er sich aber auf das Kichern konzentrierte, war es plötzlich weg! Hatte Klaus sich das jetzt nur eingebildet oder war es da gewesen?
Langsam tastete er sich vorwärts. Auf der Bank lag sein Rucksack. Darin war sein Touchscreen-Handy. Mit der Displaybeleuchtung konnte er bestimmt besser sehen, als mit der spärlichen Flamme des Feuerzeuges. Schnell fand er das Handy und das dämmrige Licht des Displays beruhigte ihn wieder ein wenig.
Plötzlich hörte er wieder das Kratzen! Diesmal an der Rückwand. Von Links nach rechts. Langsam kam in Klaus Wut hoch! Er sprintete nach rechts um die Ecke. Das Handydisplay beleuchtete von außen die gesamte Länge der Rückwand. In dem diffusen Licht sah am anderen Ende eine dunkle Gestalt um die Ecke biegen.
Schnell wechselte Klaus die Richtung und versuchte der Gestalt vorne den Weg abzuschneiden. Doch vor dem Wartehäuschen war niemand. Hastig umrundete er noch einmal das Wartehäuschen. Nichts! Weder auf der Rückseite noch auf dem Bürgersteig konnte er die Gestalt ausmachen.
„Ich hab‘ jetzt hier die Schnauze voll“, schrie er, „Ich rufe jetzt die Polizei!“
„Zu spät“, kicherte eine Stimme über ihm.
Ruckartig ging sein Blick nach oben. Im Lichtschein des Displays sah er aber nur noch wie eine Gestalt auf ihn zu flog. Hart prallte der Körper von oben auf ihn herab. Klaus strauchelte, verlor das Gleichgewicht und ging hart zu Boden. Sein Handy landete ein paar Meter von ihm entfernt und beleuchtete eine große dunkle Gestalt, die sich ihm näherte.
Im Lichtschein blitzte eine lange Bowie-Klinge, die schnell auf Klaus zu kam. Er wollte sich aufrichten, etwas sagen, sich verteidigen. Doch die Klinge des Jagdmessers war schneller. In einem schnellen Bogen schnitt sie von links nach rechts unterhalb seines Kopfes entlang.
Er wollte schreien, doch er röchelte nur noch. Der Geschmack von Blut lähmte ihn. Er sah dunkle Fontänen vor seinen Augen emportanzen. Seine Kräfte schwanden. Er spürte wie Blut sein T-Shirt durchnässte. Seine Lungen füllte sich auch mit dem roten Saft. Wieder röchelte er. Sein Blick verengte sich. Er sah verschwommen, wie die Gestalt auf ihn zu kam. Nur ein Schatten. Dann umgab ihn Finsternis.
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