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 Schatten der Vergangenheit

Endlich sind Mike und Moon weitergekommen: Der Feind ist lokalisiert! Jetzt heißt es die Gruppe zu informieren.

Wir saßen mit Marlies und Britta im Salon. Ich hatte Boris und Gabriel gebeten, dazuzukommen, um die Situation zu besprechen. Wenige Minuten später trafen sie ein.

„Bevor wir anfangen“, sagte ich, „müssen wir klären, wie wir mit Alex und Brigitte umgehen.“ Ich erklärte, dass sie uns die Informationen über Max Pflüger verschwiegen hatten. Das war zwar keine Überraschung, doch die einhellige Meinung war, sie trotzdem nicht auszuschließen. Es passte mir überhaupt nicht, aber wie hätte ich erklären sollen, dass ich Brigitte wegen ihrer Schwester und mir nicht dabei haben wollte? Ich rief Alex an, der versprach, so schnell wie möglich zu kommen.

Eine halbe Stunde später betraten Alex und Brigitte den Raum. Sofort wurde die Luft um sie herum spürbar kühler. Brigitte setzte sich abseits, schwieg und beobachtete mich und ihre Schwester mit finsterem Blick. Sie taxierte uns, als wären wir die Feinde.

Nachdem nun alle anwesend waren, ergriff ich das Wort und fasste zusammen, was wir herausgefunden hatten. Ich erzählte von dem Brief des Wehrmachtssoldaten und den weiteren Aufzeichnungen, die ich gefunden hatte. Fox hatte mein iPad mit dem großen Fernseher verbunden, und so zeigten wir allen den aktuellen Standort des Bunkers.

Die Überraschung war groß – der Bunker war gar nicht so weit entfernt. Brigitte meldete sich zu Wort: „Der Wagentausch von Max fand aber in der entgegengesetzten Richtung statt.“ Alex gab zu bedenken, dass es sich um eine Finte handeln könnte. Brigittes Gesichtszüge verhärteten sich. Sie war von seinem Einwand sichtlich nicht begeistert. Ihre Anspannung wurde mit jeder Sekunde extremer.

Fox und ich gingen auf die Aufzeichnungen des Soldaten ein. Er war 1944 verwundert gewesen, nicht an die Front, sondern als Wachmann zu einem Bunker im Inland versetzt worden. Das Gelände sei damals schon weitläufig gesichert und der Bunker selbst beeindruckend gewesen. Er war sowohl nach außen als auch nach innen gesichert. Letzteres wohl wegen der Kapelle im Inneren. Eine ganze Gruppe von Wissenschaftlern habe in Laboren im untersten Stockwerk gearbeitet. Das Oberkommando wurde von der Waffen-SS geführt, und zu diesem Trupp gehörte eine Frau, die er ganz genau beschrieb: Madame Claire. Ihre Beschreibung ähnelte der aktuellen Madame so stark, dass die Frage im Raum stand: War es eine Verwandte oder doch dieselbe Frau? Sie wäre dann über 100 Jahre alt und nicht gealtert.

An diesem Punkt schnaubte Brigitte verächtlich. Als ich sie ansah, verstummte sie. Ich fuhr fort und erklärte, dass die Briten den Bunker und das umliegende Gelände am Ende des Krieges übernommen hatten. Fox hatte bei seinen Kontakten in der US Army nachgefragt, was die Briten dort gemacht hatten, aber sie konnten nur bestätigen, dass Kasernen gebaut wurden und es sich um einen Truppenübungsplatz handelte. Das etwa 10 Hektar große Gelände war 2015 von den Briten an eine Firma verkauft worden.

Hier wurde Gabriel hellhörig und erklärte, dass die Firma von unserem Vater, dem Geschäftsführer, gekauft und aufwendig gesichert wurde. Er hatte Rechnungen für Zäune, umfangreiche Ausschachtungen und Alarmanlagen gefunden, sowie einen Vertrag mit einer Sicherheitsfirma. Max Pflüger, die Krämer-Jungs und etwa zehn weitere Personen, von denen vier bei dem Angriff auf die Burg getötet wurden und zwei in Wuppertal, waren dort angestellt. Er schätzte die Gegnerzahl vor Ort auf acht bis zehn, betonte aber, dass die Verträge nicht aktuell waren und unser Vater bei seiner Flucht Unterlagen mitgenommen haben könnte. Es könnten also durchaus mehr sein.

Fox unterstrich dies: „Ein 10 Hektar großes Gelände kann man mit nur zehn Leuten nicht 24/7 sichern.“ Er schlug vor, das Gelände zuerst zu beobachten. Ein stilles Vorgehen wäre einem Frontalangriff vorzuziehen, für den wir ohnehin viel zu wenige waren.

Brigitte sah das anders. „Wir haben euren Vater, den Geschäftsführer, der wegen Mordes gesucht wird und im Zusammenhang mit einem toten LKA-Forensikteam steht. Dessen Leute haben den Grafen getötet und weitere Beamte und Privatpersonen angegriffen. Ich bin mir sicher, wir bekommen einen Durchsuchungsbefehl. Wir rücken mit einer Einsatzhundertschaft und SEK-Unterstützung an. Wollen doch mal sehen, ob sie dann noch Gegenwehr zeigen!“

„Ein gewagtes Spiel“, wandte Alex ein. „Ich gehe davon aus, dass das dort trainierte, auf die Sache eingeschworene Radikale sind. Die lassen sich nicht von Polizeipräsenz einschüchtern. Dein Plan führt unweigerlich zu einem Blutbad. Ich rate dringend davon ab.“

Es war das zweite Mal, dass Alex ihr vor der ganzen Gruppe widersprach. Brigittes Blick war eiskalt. „Das reicht, Alex. Das diskutieren wir später aus. Ich glaube, wir sind hier fertig. Danke für die Informationen und die geleistete Arbeit. Ich beschlagnahme das gesamte Material. Händigen Sie mir bitte alle Kopien aus. Sollten Sie in dieser Sache weiter ermitteln, werde ich Sie wegen Behinderung belangen.“

Sie legte ein Schriftstück auf den Tisch.

„Hier ist eine Kopie meiner Befugnis. Jeder, der sich meinen Anordnungen widersetzt, wird verhaftet.“

„Brigitte, was soll das? Warum weiß ich davon nichts? Das war nicht abgesprochen!“ Alex‘ Stimme war voller Unglauben.

„Ich bin dein Boss! Entweder du folgst meinen Anweisungen und unterstützt mich, oder du kannst dir einen anderen Job suchen.“

Alex sah sie lange an. Ich sah die Wut in seinen Augen, die Ablehnung. Er mochte es nicht, wie sie ihn behandelte, aber er würde seinen Job nicht einfach so aufgeben. Ich kam ihm zuvor.

„Alex, tu, was sie sagt.“

„Mike, tut mir leid.“

„Ich weiß.“

Ich gab ihm alle Unterlagen, die wir hatten, und legte demonstrativ einen USB-Stick dazu. Damit würden sie auch unsere digitalen Dokumente bekommen.

„Mir ist klar, dass ihr noch digitale Kopien habt“, sagte Brigitte mit eisigem Ton. „Das kann ich nicht verhindern. Aber kommt uns in dieser Sache noch einmal in die Quere, und ihr habt ein Problem!“

Sie drehte sich um, ohne eine Antwort abzuwarten, gab Alex ein Zeichen und marschierte zur Tür. Alex zuckte die Schultern und sah mich an. Ich nickte ihm zu, dass ich mich melden würde. Die Spannung im Raum blieb auch nach ihrem Abgang. 

Fortsetzung folgt
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