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Ein altes Herz

Das untote Kind hat in der Krypta etwas gefunden. Was war es? Die Gruppe um Moon und Mike will endlich Antworten.

Wir näherten uns dem ältesten Sarkophag, vor dem nur noch ein Häufchen Asche von dem untoten Kind übrig war. Wie alle anderen Sarkophage in der Krypta war auch dieser schlicht. Lediglich Name, Geburts- und Todesdaten waren in den Stein gemeißelt.

Da das untote Kind versucht hatte, den Sarkophag zu öffnen, bevor wir es einholten, beschlossen wir, dasselbe zu tun. An jeder der vier Ecken versuchten wir, den schweren Deckel anzuheben. Mit vereinten Kräften schafften wir es schließlich. Der Blick ins Innere offenbarte eine ausgemergelte, fast mumifizierte Leiche. Ihre eingefallenen Wangen und leeren Augenhöhlen wirkten erschreckend.

Auf dem Oberkörper der Leiche lagen Schwert und Schild. Vorsichtig untersuchten wir alles. „Dort, unter dem Schwert und dem Schild! Ich sehe eine Schatulle“, rief Boris aufgeregt. Sofort hoben wir das Schild an und bargen die Schatulle. Sie war unverschlossen.

Ein kurzer Blick hinein ließ uns den Atem stocken: Auf rotem Samt lag ein menschliches Herz. Es war weder verwest noch mumifiziert, sondern sah so frisch aus, als wäre es gerade einem lebenden Körper entnommen worden.

Mit unserem Fund eilten wir nach oben, wo wir ihn den anderen zeigten.

„Wessen Herz ist das?“, fragte Brigitte.

„Auf der Schatulle steht nichts“, entgegnete Boris. Alex warf in den Raum, dass es das Herz der ersten Hexe sein könnte. „Aber die wurde doch nach der Erzählung des Grafen in ihrer Hütte verbrannt!“, widersprach ich.

Die Gräfin deutete auf eine Chronik auf dem Stehpult. „Vielleicht sollten wir in den alten Aufzeichnungen nachlesen. Vielleicht wurde die Geschichte ja falsch überliefert.“

Ich öffnete den alten Wälzer, doch die verschnörkelten lateinischen Buchstaben überforderten meine Schulkenntnisse. Gabriel drängte mich beiseite und beugte sich über die Seiten. Seine Augen wanderten langsam über das Pergament, während seine Lippen kaum hörbar Worte formten.

Fast zehn Minuten warteten wir in gespannter Stille, bis er sich räusperte und zu sprechen begann: „Ziemlich blumige Umschreibung! Hier ist die Zusammenfassung: Der erste Graf, der sich selbst als Hexenjäger bezeichnete, ritt mit seinen Rittern zu der Hütte, aus der die beiden Kinder geflohen waren. Die Hexe erwartete sie bereits und spie ihnen Flüche und Verwünschungen entgegen. Aus dem Schatten der Hütte traten viele untote Kinder, die die Ritter angriffen. Während dem Scharmützel, erkannten sie zufällig, dass Feuer die Untoten am wirksamsten vernichtete. So verbrannten sie die Hütte der Hexe und alle untoten Kinder mit ihr. Die Hexe schrie weiterhin Flüche und tobte, bis der Graf ihr sein Schwert in den Bauch stieß und sie mit der Klinge an eine alte Eiche nagelte. Aber sie starb nicht. Die Ritter schichteten einen Scheiterhaufen auf, doch das Feuer hatte keine Kraft. Die Hexe schleuderte weiterhin Flüche gegen den Grafen und seine Männer. Dem Grafen reichte es. Er nahm seinen Dolch und schnitt ihr das Herz heraus. Es pulsierte weiter in seiner Hand, während die Hexe schallend lachte und ihn verwünschte. Weil sie immer noch nicht starb, schickte der Graf nach Hilfe im nahegelegenen Kloster. Der Abt kam mit einer Delegation von Mönchen und versuchte, die Hexe mit Gebeten und Weihwasser zu vernichten. Ein junger Mönch reckte sein Kreuz und stieß es in den Körper der Hexe, die aufschrie und ihn an sich drückte. In einem heiligen Leuchten verbanden sich die beiden, und als es verblasste, hingen sie eng umschlungen und tot ineinander. Die Hexe und der Mönch wurden im Boden der verbrannten Hütte in einem schlichten Steinsarg verscharrt und man beschloss, eine Kapelle auf dem Grab zu errichten, damit die Kraft Gottes die Hexe für immer einschloss. Die Kapelle wurde danach sich selbst überlassen. Der Graf behielt das Herz der Hexe, damit Körper und Herz auf ewig voneinander getrennt waren und sie nicht wieder auferstehen konnte.“

Stille breitete sich aus, bis alle durcheinanderredeten. Am Ende waren wir uns einig: Madame Claire, mein Vater und Kathrin wollten das Herz der Hexe, wahrscheinlich um sie wiederzuerwecken. Das galt es zu verhindern! Wir beschlossen, uns zusammenzutun und einen Plan zu schmieden.

Alex und Brigitte würden alle Beteiligten polizeilich überprüfen. Gabriel wollte in den Unterlagen unseres Vaters nach Hinweisen auf dessen Aufenthaltsort suchen. Das Herz musste geschützt werden, da die Hexen durch das untote Kind sicher wussten, dass es sich in der Burg befand. Boris würde uns die nötige Ausrüstung und Waffen besorgen, damit wir auf einen möglichen Angriff vorbereitet waren. Fox und ich würden die Burg verteidigungsbereit machen. Der Graf und die Gräfin würden versuchen, die Kapelle zu finden, die nicht näher benannt war.

Gerade als wir aufbrechen wollten, wurde die Stille von einem lauten Knall von oben zerrissen!

Fortsetzung folgt . . .
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