Ich glaube, ich habe vor ungefähr 15 Jahren meinen letzten Kleinbildfilm belichtet. Seit eine Digitalkamera bei mir Einzug gehalten hatte, wurde eigentlich nur noch auf Speicherkarten und Festplatten Fotos abgelegt. Analoge Fotografie fand einfach nicht mehr statt und eigentlich hielt ich sie für ziemlich tot.
Inzwischen bekommt man digitale Fotokameras ein allen erdenklichen Qualitätsstufen und sogar die kleinen Linsen in unseren Smartphones haben normale Kompaktkameras so sehr verdrängt, dass im Urlaub von vielen eigentlich nur noch das mobile Telefon gezückt wird, um Erinnerungsfotos zu machen.
Ich war vor kurzem im Urlaub. Zwei Wochen lang habe ich die Insel La Gomera unsicher gemacht. Natürlich hatte ich eine leistungsfähige Kompakte dabei und mit ihr habe ich etwa 750 Fotos geschossen. Plus noch einmal etwa 100 mit dem iPhone.
Daheim sind aus dieser Menge an Fotos nur etwa 150 Bilder geblieben, die ich digital entwickelt habe. Für meine Blog-Artikel über diese Urlaubsreise werden etwa 70 bis 80 Fotos als Illustration ausreichen. Das sind gerade mal nur 10 Prozent der ursprünglichen Menge.
Also habe ich für jedes Foto neunmal zuviel auf den Auslöser gedrückt und eigentlich Müll produziert. Das ist ist bei einer Digitalkamera eigentlich ja nicht ganz so schlimm, landet doch alles, was nicht benötigt wird, im virtuellen Papierkorb. Kosten dafür entstehen eigentlich nicht, außer man rechnet die Sichtung der Fotos in Lebenszeit um, die man dafür benötigt hat.
Doch trotzdem hat mich der Gedanke nicht los gelassen, einfach zu viel einfach nur zu knipsen und draufzuhalten. Eine wirklich willentliche Auseinandersetzung mit dem Motiv bevor ich abdrücke, ist nicht sehr oft gegeben. Man hält drauf drückt ein paar Mal den Auslöser und den Rest macht die Automatik in der Kamera.
Bei meinen Studiofotos ist das zwar ein wenig anders, da ich im manuellen Modus fotografiere und mich mit Blende und Verschlusszeit in Kombination mit der Deko und der Blitzanlage auseinandersetzen muss. Aber die vielen Aufträge mit unterschiedlichen Produkten zwingt mich auch hier etwa die drei- bis vierfache Menge an Fotos zu schießen, als ich am Ende an die Redaktion schicke.
Einfach damit genug brauchbare Fotos dabei rum kommen. Ich denke, der gleiche Hintergedanke ist bei 750 Urlaubsfotos auch vorhanden. Und selbst bei den Alltagsschnappschüssen ist es genauso. Das flutet einfach nur die Speicherkarten und Festplatten zu.
Ein neuer Denkansatz: Analoge Fotografie
Doch wie kann ich mich wieder mit dem Prozess des Fotografierens und mit dem Objekt meiner Begierde so auseinandersetzen, dass nicht unzählige Variationen ein und desselben Bildes entstehen?
Warum nicht den Rückschritt auf die analoge Fotografie? 36 Fotos maximal auf einem Film und nicht über 2.000 auf einer Speicherkarte. Und warum nicht einen Schritt weiter gehen und ein Medium wählen, für das ich immer ein Faible hatte: Schwarzweiss.
Ich denke, dass mich sechunddreißig Bilder viel eher, daran hindern werden, unzählige Male sinnlos auf den Auslöser zu drücken. Auch die Kosten werden den schnellen Finger ordentlich Bremsen. Ein Schwarzweiss-Film kostet fünf Euro und die Entwicklung zum Negativ noch einmal 10,50 Euro. Das ist ganz schön ordentlich und wird den Abzugsfinger erheblich ausbremsen.
Zudem lernt man so viel eher das Licht einzuschätzen. Das Zusammenspiel von Blende und Verschlusszeit in Verbindung mit der ISO des Films ergibt am Ende ein richtig belichtetes Bild. Um es scharf zu bekommen, muss man da noch den Fokus richtig setzen.
Das hört sich richtig langsam an! Und das ist es auch.
Für den Einstieg wählte ich eine Diana Mini. Diese Toycamera ist preiswert und nutzt den altbekannten Kleinbild-Film. Hier ist man jedoch stark limitiert an den Vorgaben der Kamera. Das ist im Rahmen der Lomography ja auch gewollt, weil viele Fotos mehr aus der Hüfte entstehen, ohne vorher durch den Sucher zu schauen.
Das ist dann doch nicht immer mein Ding, auch wenn ich gerne aus der Hüfte Fotos mache. Ein Tipp von Peter Matyssek und ein Blick in ein Kleinanzeigen-Portal im Internet brachten mich zu einer Rollei 35. Diese kleine und feine Kamera nutze ich nun hauptsächlich für meine Fotos unterwegs. Darin schlummert ein Ilford HP5 400, um schöne Schwarzweiss-Fotos aufnehmen zu können.
Hier kann ich bis 1/500 Sekunde die Verschlusszeit einstellen und habe die Blende auch manuell im Griff. Da der Sucher nicht scharf stellt, muss man die Fokusentfernung schätzen. Für schwierige Lichtsituationen nutze ich dann noch einen Belichtungsmesser auf meinem iPhone.
Das bremst mich alles extrem aus. Ich schaue oft vorab durch den Sucher, ohne die Kamera einzustellen. Schätze den Bildausschnitt und die Kontraste ein (Schwarzweiss ist ein Spiel mit dem Kontrast zwischen hell und dunkel). Wenn mir das, was ich sehe, nicht gefällt, packe ich die Kamera schon wieder weg und mache gar kein Foto.
Erst wenn ich mit dem Motiv zufrieden bin, stelle ich die Belichtung ein (ich mag dunklere Bilder und arbeite daher gerne mit einer leichten Unterbelichtung). Wähle den Bildausschnitt und gehe zur Not näher ran oder weiter weg (sowohl die Diana Mini als auch die Rollei 35 haben eine Festbrennweite), stelle den Fokus ein und drücke auf den Auslöser. Es klickt und ich transportiere vorsichtig den Film weiter.
Das ist Entschleunigung pur und macht mir unendlich viel Spaß.