Jonas Katzenberg, Fred Sellin – Schützenhilfe

Warum geht ein ehemaliger Bundeswehrsoldat in die Ukraine und kämpft gegen Russland?  Jonas Katzenberg, erzählt von seinen Beweggründen und seinen Erlebnissen als Soldat für die Ukraine.

Als Russland im Februar 2022 die Ukraine völkerrechtswidrig angriff, brach für mich irgendwie eine Welt zusammen. Das miteinander reden und diskutieren, was auf der politischen Bühne in den letzten gut 20 Jahren in Europa vorherrschte, war mit dem Angriff Russlands endgültig vorbei.

Auch ich fragte mich, was kann ich tun, um den Menschen in der Ukraine zu helfen? Kurzfristig ging auch mir der Gedanke durch den Kopf, in die Ukraine zu fahren, eine Waffe in die Hand zu nehmen und gegen die Russen zu kämpfen. Aber was soll ein 50-jähriger Sack ohne Kampferfahrung an der Front eines Krieges?

Ich selbst entschied mich, Geld zu spenden, um der Ukraine zu helfen. Man kann zwar jetzt sagen, dass ich mit meinen Geld- und Sachspenden ziemlich billig davon gekommen bin, aber lebensmüde an eine tödliche Front zu rennen, die im Grunde weit weg ist, war sicherlich auch nicht die richtige Idee.

Jonas Katzenberg ist etwa halb so alt, wie ich. Er wurde 2022 gerade aus der Bundeswehr entlassen und suchte eine Aufgabe. Das wurde in seinem Buch sehr deutlich. Auch die innere Widerstreit und letztlich die Konflikte mit seiner Familie sind sehr gut nachvollziehbar.

Er bricht ins Ungewisse auf und fährt in die Ukraine. Dort schließt er sich der internationalen Legion an und wartet dort auf seinen ersten Einsatz.

Sein Leben als Mitglied der internationalen Legion der Ukraine stellt er dann sehr weitschweifig in seinem Buch dar. Seine Zeit dort ist geprägt aus Langeweile, da die Soldaten dort nicht wirklich zum Einsatz kommen, und den daraus resultierenden menschlicher Dramen mit den anderen Soldatinnen und Soldaten.

Nach zehn Monaten verlässt er die Legion und kommt schließlich doch noch an die Front. Eine Granatexplosion verletzt ihn letztlich so schwer, dass er nach Deutschland zurückkehrt.

Das Buch ist in einem flüssigen Stil geschrieben und liest sich sehr gut. Gerade der Einstieg mit seiner Entscheidungsfindung stellen die beiden Autoren sehr gut dar.

Seine Zeit in der Legion hat mehr oder weniger eher was von einer Soap Opera. Wer waren seine Kameradinnen und Kameraden vor Ort. Wer ist mit wem verbandelt. Und welche zwischenmenschlichen Dramen haben stattgefunden.

Die Zeit in der Legion ist geprägt von Übungen und dem Ausrücken zu Mission, die keine sind. Dieser Teil erweist sich als sehr zäh und insgesamt als zu lang. Erst als er in die Front kommt, nimmt das Buch kurzzeitig fahrt auf. Es handelt aber diese letzten wirklichen Kampfeinsätze viel zu schnell ab.

Hier habe ich das Gefühl, dass da noch sehr viel mehr Stoff für weitere Kapitel war. Wollten die Autoren oder der Verlag den Leser nicht zu sehr schocken, ob der realen Situationen in einem modernen Krieg vor der Haustüre? 

Einzig die Entscheidung, nach der Granat-Verletzung nach Deutschland zurückzukehren, ist nachvollziehbar, wird aber auch viel zu schnell abgehandelt. 

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass der Autor noch sehr viel mehr erlebt hat, was es am Ende nicht in das Buch geschafft hat. Seinen inneren Widerstreit kann ich sehr gut erkennen und nachvollziehen, trotzdem fehlt mir irgendwie die Intention, warum der Autor dieses Buch geschrieben hat.

Aber was ist das denn nun? Ein Plädoyer für oder gegen den Krieg generell? Nur Kriegserlebnisse? Eine Anklage gegen Russland, die diesen Krieg völkerrechtswidrig begonnen hat?

Ich werte dieses Buch eher, als Zeitzeugen-Dokument über einen Krieg, der in seiner journalistischen Berichterstattungen überall präsent ist, aber die Einzelschicksale nicht wirklich beleuchtet.

Im Internet gibt es leider sehr viele negative Rezensionen zu diesem Buch, die es einfach nur als Söldnererlebnisse abtun wollen. Das wird im Buch aber nicht gerecht. Und ich muss davon ausgehen, dass diese Leute das Buch gar nicht gelesen haben.

Fazit
Ungeschönter Blick eines deutschen Soldaten, der für die Ukraine in den Krieg gezogen ist.
Daten und Fakten
Autor: Jonas Katzenberg, Fred Sellin
Titel: Schützenhilfe
Verlag: Yes Publishing
ISBN: 978-3969052440
Preis: geb. 22,- Euro; eBook 18,99 Euro; auch als Hörbuch erhältlich