Feststehende Messer haben ihre eindeutigen Vorteile. Spätestens seit den Tragebeschränkungen durch § 42 werden kompakte Modelle auch im Alltag als Alternative zum Taschenmesser zunehmend interessanter. Ich habe mir zwei interessante Modelle für das Messer Magazin einmal genauer angesehen: Messerkönig MK10 und Oberland Arms Imwoid.
EDC (Every Day Carry) ist ein ren ein viel gehörtes Stichwort. Zu den Dingen, die man auch im Alltag immer bei sich haben sollte, gehört auf jeden Fall ein gutes Messer: Es sollte schnell einsatzbereit und robust genug sein, um im harten Alltagseinsatz bestehen zu können. In den letzten Jahren haben sich hier die Einhandmesser sehr stark etabliert – sind sie doch durch den Klappmechanismus hosentaschentauglich und mit einer schnellen Bewegung zu öffnen.
Nun drängen aber auch kleine feststehende Messer in diese Nische vor. Dabei kommen diese Fixed Blades aus dem taktischen, jagdlichen oder Outdoorbereich und machen bei handlicher Größe auch im Alltag eine gute Figur. Immer mehr Messerhersteller beweisen, dass große Klingenlängen nicht ausschlaggebend sind, und es bleibt als weiterer Vorteil, dass feststehende Messer noch schneller einsatzbereit sind, als Taschenmesser. Ebenso entscheidend ist, dass man in Deutschland feststehende Messer bis zu einer Klingenlänge von zwölf Zentimetern absolut legal führen darf – was bei Einbandmessern dank § 42a ohne weiteres nicht der Fall ist.
Große Messer sehen am Gürtel wuchtig und extrem aus und manch einem Zeitgenossen oder Ordnungshüter wird schon beim Anblick die Alarmglocke „Waffe“ im Gehirn schrillen. Ein Messer mit einer Klingenlänge unter zehn Zentimetern sieht dagegen schon fast brav aus. Wenn der Anschein nicht zu taktisch wirkt, fällt es überhaupt nicht auf.
Unsere beiden Testkandidaten fallen da genau ins Muster: Sie verfügen jeweils über eine Klinge mit knapp unter 100 Millimetern. Sie kommen aus zwei unterschiedlichen Welten, und haben sich aber beide als alltagstaugliche Messer bewährt.
Das MK10 von Messerkönig ist ein wuchtiges Outdoormesser dessen enorme Klingenstärke von 4,5 mm es schon fast wie ein Brecheisen wirken lässt. Dagegen fällt das taktische Imwoid von Oberland Arms fast schon schlank aus.
Messerkönig MK10
Bei diesem Messer handelt es sich um eine robuste Flacherl-Konstruktion mit aufgeschraubten Griffschalen. Beim Stahl setzt der österreichische Hersteller auf N690 von Böhler, der sich inzwischen nicht nur bei taktischen Messern etabliert hat. Als Griffmaterial kommt hier stark strukturiertes Micarta zum Einsatz. In Verbindung mit dem ausgeprägten Handschutz und der Zeigefingermulde, liegt die Hand sehr sicher und rutschfest auf dem Griff.
Das MK10 besitzt im Gegensatz zum Imwoid eine relativ klassische Lederscheide. Sie wartet aber mit einem ganz besonderen Clou auf: Die Gürtelschlaufe wird auf die Scheide geschoben und via Druckknopf befestigt. So kann man das Messer wahlweise an einer der beiden mitgelieferten Gürtelschlaufen tragen und bei Bedarf auch schnell samt Scheide von der Schlaufe lösen und komplett im Rucksack verschwinden lassen.
Eine der mitgelieferten Schlaufen ist für die klassisch vertikale Trageweise, die andere für eine leicht angewinkelte fast horizontale Scout-Trageweise ausgelegt. Das Messer selbst wird in der Scheide per Lederriemen und Druckknopf vor Verlust gesichert.
Oberland Arms Imwoid
Das Imwoid kommt überwiegend taktisch gefärbt daher. Die Klinge ist schwarz PVD-beschichtet und die aufgeschraubten Griffschalen bestehen aus olivfarbenem G-10, die zur Angel hin mit roter Fiber unterlegt sind.
Die Oberfläche des G-10 weist nur eine ganz leichte Textur auf und trotzdem reicht das aus die Hände recht rutschfest auf dem Griff zu fixieren. Unterstützt wird dies noch durch die Zeigefingermulde und die wirkungsvoll bremsende Daumenauflage auf dem Klingenrücken.
Die Flacherl-Konstruktion besteht aus rostträgem D2-Stahl, der eine Stärke von 3,7 Millimeter aufweist. Der Flachschliff zieht sich fast bis zum Klingenrücken, und die Schneide ist von Hand rasiermesserscharf geschliffen. Die falsche Schneide nimmt rund zwei Drittel des Klingenrückens ein.
Für den Transport gibt es eine flache Kydexscheide, die mit einem Multi Lock am Gürtel befestigt werden kann. So ist die Scheide in unterschiedlichen Winkeln, wahlweise mit der Spitze nach oben oder unten getragen werden kann. Dabei liegt die Scheide sehr eng am Körper an und vorzugsweise trägt man sie Spitze-nach-unten sehr weit oberhalb des Gürtels. Dadurch kann das Messer unter der Jacke oder dem Hemd sehr gut verdeckt getragen werden. Die abgerundeten Ecken des Kydex unterstützen diese Trageweise, da die Kleidung an der Scheide nicht hängen bleibt.
In der Praxis
Im Alltagseinsatz stehen beide Modelle ihren Mann. Beide Messer sind ab Werk scharf geschliffen und die Arbeit an Holz, Karton und Pappe geht gleich gut von der Hand. Die etwas schmalere Klinge des Imwoid hat natürlich deutliche Vorteile bei filigranen Schnitzarbeiten. Aber das Anspitzen und Auffächern von Holz klappt auch ganz wunderbar mit dem MK10.
Das MK10 ist natürlich ganz in seinem Element, wenn es heftiger zugeht. Als waschechtes Outdoormesser beißt es sich aggressiv als kleines Haumesser auch durch kleine Baumstämme und filetiert abends auch schnell noch das gejagte Wild für‘s Lagerfeuer. Im Alltag kann es schon mal Kisten oder Verriegelungen aufhebeln und muss dementsprechend robust sein. Hier kommt das Imwoid dann doch nicht mehr mit.
Aber insgesamt geben sich beide Messer nicht viel und liegen am Ende gleichauf. Exzellente Verarbeitung und hohen Gebrauchswert sind auf beiden Seiten vorhanden. Im Alltag lassen sich beide gut einsetzen.
Das Imwoid schneidet aufgrund von geringerem Gewicht und kompakteren Maßen als Every-Day-Carry besser ab. Zumal es sich auch diskreter tragen lässt als das MK10. Dieses wiederum bewährt sich besonders dann besser, wenn sehr robuste Schneidaufgaben gefragt sind.