Eine scheißkalte Nacht

Eine Nacht im Freien zu verbringen, gehört wohl zu den Microadventures, die relativ einfach umsetzbar sind. Natürlich kann man, je nach eigener Erfahrung, auch dieses kleine Abenteuer immer weiter auf die Spitze treiben.

In meinem Bogensportverein etablierten wir vor etwa einem Jahr unsere Bushcraft- und Survival-Wochenenden. Der JBC-Wuppertal besitzt ein Waldgelände für den 3D-Parcours, auf dem wir die unregelmäßigen Treffen durchführen. Dort haben wir eine kleine Ecke, wo auch offenes Feuer möglich ist und es genug Platz gibt, um auch mit gut zehn Teilnehmern zu biwakieren.

Eine scheißkalte Nacht - Steinzeit-TV

Eine scheißkalte Nacht – Steinzeit-TV

Die Treffen haben keinen festgelegten Plan, sondern es treffen sich Interressierte, um voneinander zu lernen und Ausrüstung zu vergleichen. Jeder kann sein eigenes Equipment testen und auch mal schauen, was die anderen so nutzen. Natürlich interessiert viele, wo die eigen Belastungsgrenze ist. Aber auch ungewöhnliche Selbstversuche sind willkommen. Dabei haben wir auch mal Nächte gehabt, die echt hässlich waren.

Für solche Fälle ist eine Rückfallebene ganz gut. Der JBC-Wuppertal hat auf dem Gelände einen Baukontainer mit Kaffeküche und Sitzgelgenheiten stehen, der dann in der Nacht als Alternativlager herhalten muss.

Auch für Mitte Dezember 2017 hatte wir solch ein Wochenende wieder geplant. Die Witterungsbedingungen waren nicht gut. In der Woche davor hatte es stark geschneit. Der halbe Meter Schnee war aber wieder weg getaut und Regen und Temperaturen um die 0° Celsius hatten das Zepter übernommen. Jedoch waren für genau dieses Wochenende neue Schneefälle angsagt. Teilnehmer waren am Ende nur die zwei Planer: Sebi und ich.

Beide wollten wir für das Nachtlager nur unsere Biwaksäcke nutzen und schauen, ob sie diese die Witterungsverhältnisse aushalten. Sebi brachte den Biwaksack der niederländichen Armee mit und ich hatte ein Modell von Defcon5 dabei. Im Sommer hatte der Defcon5 sich gut geschlagen und so war ich frohen Mutes, dass auch diesmal alles klappen sollte.

Beide Biwaksäcke waren auch schnell aufgebaut. Vorteil einer solchen Unterkunft: Man kann Isomatte und Schalfsack im Vorfeld schon in den Biwaksack einrollen. Diese Rolle wird dann in oder an den Rucksack gepackt. Am Lager wird dann einfach nur der Biwaksack ausgerollt und abgespannt. Fertig.

Eine scheißkalte Nacht - Defcon 5 Biwacksack

Eine scheißkalte Nacht – Defcon 5 Biwacksack

Der Defcon 5 kommt mit zwei Gestängebögen für den Kopfbereich, die ihn ordetlich aufspannen. Ein Abspannen mit Heringen ist dann eigentlich nur bei starken Wind nötig. Der Biwaksack der niederländischen Armee hat zwar Durchführungen für Gestängebögen, bringt aber standardmäßig solche nicht mit. Dafür kann man aber den Kopfbereich mit Paracord über eine Firstleine abspannen.

Der Lagerbau ging dann auch recht flott vonstatten. In knapp fünf Minuten stand alles. Ein leichtes Tarp musste aber neben der Feuerstelle her, da es langsam anfing zu regnen.

Eine scheißkalte Nacht - Feuer. Das Problemthema

Eine scheißkalte Nacht – Feuer. Das Problemthema

Feuer war dann ein recht schwieriges Thema. So richtig wollte es nicht. Wir bekamen mit Tampon und Kienspan zwar ein kleines Feuer an, aber das nasse Holz wollte so gar nicht brennen. Abwechselnd musste das Feuer immer wieder angeblasen werden. Einer pustete und der andere besorgte den Brennstoff.

Nach gut anderthalb Stunden war das Feuer endlich so weit, dass es ohne Hilfe brannteu nd wir uns um Kaffee und Essen kümmern könnten. Die Dämmerung war längst angebrochen. Wir waren richtig spät
dran.

Eine scheißkalte Nacht - Legacy Food

Eine scheißkalte Nacht – Legacy Food

Zum Essen teilten wir uns einen Beutel Legacy Food Notnahrung. Die gefriergetrocknete Nahrung braucht eigentlich nur kochendes Wasser und muss dann noch 15 Minuten köcheln. Zwar funktionierte die Portionierung des Inhalts nicht optimal, die Zubereitung am Lagerfeuer klappte dafür problemlos. Nach dem Essen gab es noch ein Gläschen Single Malt Whiskey.

Danach war Lagerfeuerromantik mit Ausrüstungsdiskussionen angesagt. Das machte Spaß und doch wurde war gegen 22.00 Uhr die Pupskiste angesagt.

Eine scheißkalte Nacht - Singel Malt

Eine scheißkalte Nacht – Singel Malt

Schon beim Verschließen des Biwaksacks war der Reißverschluss recht hakelig Außerdem begann es wieder zu regnen. Doch im inneren des Sacks war es im Schlafsack recht warm. Wo dieser aber mit der Wand des Biwaksacks in Berührung kam bildeten sich schnell Kältebrücken. Als Seitenschläfer waren hier Füße und Hüfte doch recht schnell kalt. Da half auch die Nalgene-Flasche mit dem heißen Wasser als Wärmflasche nicht viel. Aber das war ein Problem, das auch Sebi in seinem Biwaksack hatte.

Ich hatte da ein ganz anderes Problem. Gegen Mitternacht wachte ich auf, da mir Regen ins Gesicht viel. Ich war ganz perplex und brauchte einige Zeit, um mich zu orientieren und das Problem zu erkennen. Der Reißverschluss war defekt und öffnete sich trotz Verschluss einfach. Bei jeder Bewegung wurde die Öffnung größer.

Das Problem erwies sich als permanent und wiederholte sich nach jedem erneuten Verschluss. So lief immer mehr Wasser in den Defcon5. Ob der Reisverschluss von Anfang an defekt war oder erst durch ein zu festes Zusammenlegen beim Transport verursacht wurde, kann ich nachträglich nicht sagen. Aber solch eine Behandlung muss ein Reissverschluss eigentlich aushalten. Dass ein Biwaksack nach dem zweiten Gebrauch schon defekt ist, ist nicht nachvollziehbar.

Eine scheißkalte Nacht - Lagerbau

Eine scheißkalte Nacht – Lagerbau

Somit war aber mein geplantes Nachtlager nicht mehr nutzbar und eine Alternative musste her. Aufgrund der Witterung und da das Feuer bereits aus war, blieb nur noch der Umzug in den Container des Vereins. Also packte ich mir meine Stirnlampe und stapfte durch den Wald zurück zum Container. Dort war es zwar windgeschützt, aber doch recht schattig und zugig.

So richtig wollte mich, bei all dem Ärger, der Schlaf nicht wirklich einholen. Unruhig wälzte ich mich die restliche Nacht über hin und her. Gegen sieben kam auch Sebi zu mir rüber und wir brauten uns einen starken Kaffe, um wieder wach zu werden.

Der Morgen war nebelig und weiterhin sehr ungemütlich nasskalt. Schnee hatte es nicht gegeben. Nach dem Kaffee machten wir uns daran, das Lager abzubauen. Gegen 9.30 Uhr ging es dann zu Fuß auf den Heimweg. Dabei diskutierten wir weiterhin unsere Ausrüstung und zogen für uns ein Fazit.

Eine scheißkalte Nacht - Neue Messerkombi: Cold Steel und Kershaw

Eine scheißkalte Nacht – Neue Messerkombi: Cold Steel und Kershaw

Mir ist jetzt nach diversen Versuchen doch klar geworden, dass ich wohl doch eher ein Zelt-Typ bin. Alle Biwak- und Tarpvarianten der letzten Monate haben mich nun schlussendlich zu dieser Erkenntnis geführt. Wobei es durchaus Tarp-Bauweisen gibt, die einem Zelt sehr nahe kommen.

Bei allem Frust hat solche eine Nacht auch was Gutes. Die Zeit draußen in der Natur am Lagerfeuer hat mich wieder geerdet, entspannt und meinen Fokus mehr auf die wichtigen Dinge im Leben gerichtet. Auch bei aller Mühsal in der Nacht, war solch ein direkter Draht zur Natur wieder genau richtig.