Aussteigen aus dem System. Für den Rest des Lebens der menschlichen Zivilisation und Gesellschaft den Rücken kehren. In die Natur zurückkehren und mit ihr im Einklang leben. Geht das?
In einem der modernsten Länder der Erde scheint das zu funktionieren! „Off-the-grid“ nennt sich das in Amerika und wird dort von vielen Menschen gelebt. Denn neben extremen Ballungsgebieten gibt es dort noch weite, unberührte Landstriche, die ein Leben abseits des Systems tatsächlich ermöglichen können.
Der französische Fotograf und Filmemacher Eric Valli ist losgezogen, um diese Menschen kennenzulernen und zu porträtieren. In seinen vergangenen Forschungsreisen für National Geographic hat er viele Urvölker besucht und dabei ein Gespür für diese Menschen entwickelt, das sich in wunderbaren Fotos und Geschichten niedergeschlagen hat.
Auch bei den Aussteigern in den USA ist ihm dies wieder gelungen. Auch diese Menschen sind ähnlich scheu, wie die Urvölker. Sie trauen normalen Menschen nicht, sind aus der „normalen“ Gesellschaft ausgestiegen und leben in ihrer eigenen Welt. Hier muss Valli erst Vertrauen aufbauen, um dann in ihr Leben blicken zu können.
So stellt er fünf verschiedene Menschen und ihr Leben vor. Er besucht sie über einen langen Zeitraum und schaut sich an, wie sie ihren Ausstieg meistern. Was sie erleben und auf was sie verzichten müssen. Sie schildern ihm ihre Geschichte und die Beweggründe, warum sie ausgestiegen sind.
Dabei entstanden viele einzigartige Fotos. Schöne Portraits mit wunderbarer Schattenmalerei wechseln sich mit Landschaftsaufnahmen ab. Dazu kommen verschwommene Bilder der Umgebung bei Vallis Suche nach den Aussteigern und Detailaufnahmen aus deren jetzigem Leben.
Dies ist eine Suche nach der Zukunft der menschlichen Zivilisation in den großen Industrienationen. Die Menschheit braucht Alternativen zu dem Leben in Überfluss, Wohlstand und Sorglosigkeit, deren Leben auf der Überproduktion und den Raubbau an der Natur begründet ist. Können da diese Aussteiger, Einsiedler und Improvisationstalente die Antwort auf diese Frage sein. Ist ein Rückschritt in der Lebensweise ein Fortschritt für den modernen Menschen?
Wir lernen Menschen kennen, für die das tatsächlich so ist. Ob Trapperleben in den Sümpfen, Steinzeitabenteurerin, Müllverwerter oder Farmer, alle versuchen sie außerhalb des Systems auf eigenen Füßen zu stehen. Das gelingt ihnen ganz gut, obwohl einige von ihnen immer noch vom System abhängig sind. Einzig der Farmer Mason scheint es geschafft zu haben und lebt eine große Autonomie aus.
Fazit
Vallis Beschreibungen und Fotos haben mich wirklich fasziniert! Welcher Outdoorer und Naturfreund träumt nicht von seiner Hütte in der Wildnis. Von Autonomie und alles hinter sich zu lassen. Hier präsentiert Valli solche Abenteurer, die es geschafft haben. Die aber auch ein Zeichen setzen wollen, dass das System der Industrienationen nicht das Richtige ist.
Für sie ist der Rückschritt ein Fortschritt. Es wird sehr deutlich, dass diese Lebensweise nur in kleinen Systemen, Gruppen oder Verbänden funktionieren kann. Die globale Probleme wie Überbevölkerung, Machthunger, Glaubenskriege können so nicht gelöst werden.
Auch sind einige von Ihnen auch weiterhin noch abhängig vom Wirtschaftssystem. Sie benötigen immer noch Geld, sammeln Abfall aus den Supermärkten oder verkaufen ihr Wissen aus der Steinzeit. Somit bewegen sie sich eher am Rande und nicht außerhalb des Systems!
Trotzdem zeigen sie, dass sie ihren eigenen ökologischen Fußabdruck extrem verkleinern können und so die Erde weniger belasten als andere. Hier liegt meiner Ansicht nach die große Stärke des Buches! Es regt zum Nachdenken über das eigene Handeln an. Kann ich ökologischer mit der Erde Umgehen, ohne komplett auszusteigen? Irgendwie sind es immer die Extreme, die Menschen anregen, sich selbst zu hinterfragen und etwas am eigenen Verhalten zu verändern, um die Welt auch für spätere Generationen noch wertvoll und lebensfähig zu erhalten.