Messer-Designer Boris Manasherov hat von dem Taschenmesser Böker Plus Caracal zwei Versionen kreiert. Eines mit Flipper und Liner-Lock und eines mit Zweihand-Bedienung und Slipjoint. Wir haben uns beide Versionen einmal näher angesehen.
Das Messerrecht in Deutschland ist schon verzwickt. Gerade im Bereich der Taschenmesser wird der Messerfreund stark gegängelt. Alles, was schnell zu öffnen ist und direkt arretiert, wird nicht gerne gesehen und als Ordnungswidrigkeit behandelt. Wenn man Pech hat, ist am Ende einer Polizeikontrolle das Messer weg und man selber mal ein paar hundert Euro ärmer.
Dennoch nimmt der Messerfreund Letzteres gerne in Kauf, um im Alltag ein sicheres Tool mitführen zu können. Gleichzeitig werden von vielen internationalen Messerherstellern gerne solche Messer produziert und natürlich verkauft, ohne auf die Gesetzgebung im jeweiligen Land Rücksicht zu nehmen. Das ist je nach Größe das entsprechende Landes auch durchaus nachvollziehbar. Dennoch wäre es schön wenn Messermacher und -hersteller auch manchmal eine entschärfte Variante ihres Messers kreieren würden.
Messermacher und Krav-Maga-Spezialist Boris Manasherov hat dies in Zusammenarbeit mit dem deutschen Messerhersteller Böker getan. Von den Böker Plus Caracal gibt es zwei Versionen: der normale Folder ist ein Flipper mit einem Liner-Lock und das Caracal 42 besitzt einen Slipjoint und kann über das Daumenloch auch mit einer Hand geöffnet werden. Zusätzlich kann die Klinge von letzterem Messer mit einem Stift nachträglich arretiert werden.
Legt man beide Messer nebeneinander, sind Sie auf den ersten Blick gar nicht so verschieden. Die Linienführung ist im Großen und Ganzen gleich und auch die verwendeten Materialien sind identisch. Es gibt eine Klinge aus D2-Stahl und verschraubte Griffschalen aus G10. Beide Messer besitzen einen umsetzbaren Clip, der das Messer Tip-Up in der Hosentasche hält. Zudem läuft der Backspacer am Griffende in einem spitzen Schlagstück aus, in das das Lanyard-Loch gefräst ist. Hier enden aber schon die Gemeinsamkeiten beider Messer.
Die Unterschiede fangen schon beim Lieferumfang an. Der Flipper wird edel in einer Messertasche geliefert. Dagegen kommt die andere Variante nur in der obligatorischen Pappschachtel. Und wenn man dann beide Messer noch genauer betrachtet, fallen einem schon einige Unterschiede auf.
Die Griffschalen sind tatsächlich unterschiedlich. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass der Flipper im geöffneten Zustand, den Handschutz für den Zeigefinger bietet. Da dieser bei Caracal 42 fehlt, müssen die Griffschalen weiter nach unten gezogen werden, um einen deutlichen Handschutz zu bilden. Dennoch ist auffällig, dass das G10 beim Flipper deutlich dicker ausfällt. Auch besitzt dieses eine deutlich grobere Struktur, die die Griffigkeit erhöht. Die Griffschalen nun zwischen beiden Messung zu tauschen, ist trotzdem nicht möglich, da die Schalen des Flippers mit drei Schrauben gehalten werden und bei seinem Bruder nur von zwei Schrauben.
Dass der Klingengang sich bei beiden Messern unterscheidet, war zu erwarten. Der Flipper läuft butterweich, ohne seitliches Klingenspiel und muss ab Werk nicht großartig verstellt werden. Da die Slipjoint-Version nicht, wie der Flipper durch einen Detent-Ball in geschlossenem Zustand gehalten wird, ist es nachvollziehbar, dass der Klinengang hier nicht ganz so weich ist. Dennoch ist er bei dem 42-A-Messer durchaus zu schwergängig.
Durch das Lösen der Achsschraube kann der Klingengang verbessert werden, aber dadurch erhöht sich das seitliche Spiel der Klinge. Dafür sitzt die Klinge im geschlossenen Zustand optimal, und kann auch durch heftiges Schütteln nicht geöffnet werden.
Auffällig sind aber bei beiden Messern die Achsschrauben. Beim Flipper liegen sie in den Griffschalen leicht versenkt und man spürt mit den Fingern eine deutliche Kante. Bei dem anderen Messer schauen beide Seiten der Achsschraube aus dem Griffschalen hinaus und auch dort ist eine leichte Kante zu spüren. Löst man man nun die Achsschraube um den Klingengang zu optimieren, wird diese Kante noch deutlicher spürbar und ist mit bloßem Auge leicht erkennbar. Das ist unschön!
Im alltäglichen Gebrauch geben sich beide Messer aber nicht viel. Klar die Klinge mit dem Liner-Lock arretiert automatisch beim Öffnen und versagt bei alltäglichen Arbeiten nicht. Nur Schläge auf den Klingenrücken (Spinewhack) können die Arretierung sehr schnell brechen lassen. Beim Caracal 42 sind Schneidaufgaben überhaupt kein Problem. Auch ein schnelles Öffnen mit dem Daumen und ein nachträglicher Stoß der Klingenspitze gegen ein harten Gegenstand lässt den Slipjoint nicht versagen.
Doch auch ein Slipjoint kommt an seine Grenzen und ist dann natürlich dem arretierten Liner-Lock unterlegen. Sobald man mit der Spitze arbeiten muss, wird es da für die Finger gefährlich. Im Bogensport passieren immer wieder schwere Unfälle, wenn Anfänger mit einem Slipjoint-Taschenmesser versuchen Pfeilspitzen aus Bäumen zu porkeln. Die Klinge klappt ab einem gewissen Punkt ein, die Haltefeder gibt der zuklappenden Klinge zusätzlich Schwung und alle Finger, die der Klinge im Weg sind, werden dann erheblich verletzt. Das kann bis auf den Knochen gehen.
Die Klinge des Caracal kann aber mit einem zusätzlich Sicherungsstift nachträglich arretiert werden. Sobald man erkennt, dass die Gefahr des Zuklappen der Klinge gegeben ist, kann diese Arretierung selbiges verhindern.
Der Sicherungsstift wird bei Nichtgebrauch in dem unteren Bereich des Backspacers eingeschoben und durch zwei Metallkügelchen gesichert. Diese Sicherung ist aber zu leichtgängig und daher nicht optimal. Bei normalem Gebrauch des Messers kann der Stift herausrutschen und verloren gehen. Wir haben den Stift mit einer Paracord-Schlaufe am Gürtelclip gesichert und konnten so den Verlust vermeiden. Das sieht aber auch unschön aus.
Wie schon gesagt, geben sich beide Messer im Alltag nicht viel. Die Klingen sind schneidfreudig und gerade Holz stellt sie vor keine großen Probleme. Das Anspitzen eines Stab, das Auffächern von Holz und auch leichtes Batoning sind kein Problem.
Aber ihre Wurzeln als Verteidigungsmesser können beide Messer nicht verheimlichen, dafür fließen die Krav Maga Kenntnisse von Boris Manasherov ganz klar in seine Designs ein. Das spitze Schlagstück am Griffende, ermöglicht eine wirkungsvolle Verteidigung auch wenn die Klinge geschlossen ist. Auch weist die vordere Griffschale im unteren Bereich eine Mulde auf. In Verbindung mit der kerbe am Clip ergibt sich ein Drehpunkt, mit dem man das Messer schnell und sicher vom Dolchgriff in den Reverse-Griff wechseln kann. Einen Nachteil hat diese Konstruktion aber dennoch: Beim Ziehen des Messers aus der Hosentasche, rutschen Damen und Zeigefinger automatisch in diese Mukden und drücken so den Clip zusammen. Das erhöht den Ziehwiderstand des Messers erheblich. In eine Selbstverteidigungssituation kann das wertvolle Sekunden kosten.
Welches der beiden Messer ist nun besser? Diese Frage lässt sich nicht so leicht beantworten. Wer rechtssicher im Alltag mit einem Messer unterwegs sein will, kommt am Caracal 42 nicht vorbei. Der Messerfreund, der ein gut verarbeitetes und optimales Messer in der Vitrine besitzen möchte, der sollte lieber den Flipper wählen. Dabei muss man aber auch sagen, dass das Caracal 42 kein schlechtes Messer ist. Es ist nur im Vergleich zum Flipper deutlich schlechter verarbeitet und kommt mit einem reduzierten Lieferumfang beim Kunden an. Obwohl beide Messer nur einen Preisunterschied von fünf Euro besitzen, ist das Preis-Leistungs-Verhältnis des Flippers deutlich besser.
Fazit Slipjoint Harte Arbeit mit einem Slipjoint birgt immer die Gefahr, dass die Klinge bei bestimmten Krafteonwirkungen einklappt und zu bösen Verletzungen führt. Da hat ein Liner-Lock immer die Nase vorn, da er sicherer arretiert. Diesen Vorteil gleicht Boris Manasherov durch die zusätzliche Sicherung mittels Zapfen beim Caracal Folder 42 aus. Die zum Klingerücken hochgezogen Spitze reduziert zwar auch ohne Sicherung die Gefahr des Zuklappens, will man aber auf der einhundertprozentigen sicheren Seite sein, muss die Klinge trotzdem noch einmal gesichert werden.
Daten und Fakten Böker Plus Caracal Folder Herstellungsland China Klingenlänge 8,7 cm Klingenstärke 3,5 mm Klingenschliff Flachschliff Klingenstahl D2 Rostbeständig ja Härte Rockwell C 59-61 HRC Länge Griff 11,8 cm Stärke Griff 16,5 mm Material Griff G10 Arretierung Einer-Lock Clip ja, tip-up, umsetzbar Zerlegbar ja Linkshändertauglich ja Gewicht 160 g Preis EUR 99,95 Varianten - Mit dabei Messertasche Bezugsquelle Böker Manufaktur
Daten und Fakten Böker Plus Caracal Folder 42 Herstellungsland China Klingenlänge 8,7 cm Klingenstärke 3,5 mm Klingenschliff Flachschliff Klingenstahl D2 Rostbeständig Ja Härte Rockwell C 59-61 HRC Länge Griff 11,8 cm Stärke Griff 15 mm Material Griff G10 Arretierung Slip-Joint Clip ja, tip-up, umsetzbar Zerlegbar ja Linkshändertauglich ja Gewicht 163 g Preis EUR 94,95 Varianten - Mit dabei - Bezugsquelle Böker Manufaktur
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