Die taktischen Messer von Dietmar Pohl folgen einer unverwechselbaren Linie. Man liebt sie oder man hasst sie. Aber eines sind sie in der Regel immer: robust und auf den harten Einsatz getrimmt. Daher sind meist recht groß und klobig. Das Force 4 ist das nicht. Geht das Pohl Design auch in klein?

Um es vorweg zu nehmen: Ja, es geht. Wenn man filigrane Finger hat. Ansonsten wird es schwierig auf den relativ kurzen Griffschalen Platz für alle Finger zu finden. Gut, dass das Pohl Force Messer mit einem Lanyard geliefert wird, der diesen Platz vergrößert. Insgesamt ist es das bisher kleinste Taschenmesser von Dietmar Pohl. Es läuft dem Bravo One ordentlich den Rang ab und eignet sich somit als kleines und leichtes EDC oder Backup.

Wie das Bravo One besitzt eine Klinge aus D2-Stahl. Beim Modell Survival gibt es ein schwarzes Two-Tone-Stonewashed-Finish, was Reflexionen vermeidet. Die Klinge ist lediglich acht Zentimeter lang und besitzt auf beiden Seiten eine markante Hohlkehle.

Geöffnet wird sie, erstmals für ein Pohl-Messer, über einen Flipper und rastet in einem Liner-Lock ein. Sie läuft butterweich durch den kugelgelagerten Öffnungsmechanismus. Das Klingenspiel und der Laufwiderstand können einfach durch drehen der Achsschraube eingestellt werden. Dies ist sowohl mit einem Schlitzschraubendreher oder einer schmalen Geldmünze möglich.

Die Griffschalen bestehen aus G10. Durch die schönen Grooves liegt das Messer sehr sicher in der Hand. Durch die Zeigefingermulde und den Handschutz des Flippers im göffnetem Zustand wird dieser noch zusätzlich erhöht. Auch der Backspacer besteht aus G10 und bietet Jimpings für den Daumen, wenn man das Messer reverse greift.

Aufgesetzt auf einer Seite der Griffschalen ist der Gürtelclip, der mit zwei Schrauben gesichert ist. Es fällt sofort auf, dass es auf der anderen Seite keine Bohrungen oder ein Aussparung für den Clip im G10 gibt. Somit ist der Clip eigentlich nicht umsetzbar.

Zerlegt man jedoch das Messer in seine Einzelteile, was aufgrund der Verschraubungen sehr gut funktioniert, erkennt man das in beiden Seiten des Stahlliners die Bohrungen für die Schrauben vorhanden sind. Im Grunde genommen kann man also die Bohrungen im G10 selber durchführen und den Clip so für Linkshänder umsetzen. Das ist trotzdem nicht optimal. Die Begründung für das Fehlen der Bohrungen kann eigentlich nur das Aussehen des Messer sein, wenn man den Gürtelclip nicht zwingend umsetzen muss.

Im EDC-Alltag schlägt sich das Messer sehr gut. Aufgrund des Gewichts von nur 84 Gramm merkt man es in der Hosentasche kaum. Auch die relativ kleine Größe lässt es fast unsichtbar verschwinden. Klar, der Flipper-Mechanismus ist nicht §42 a-konform, aber auch im Rucksack bietet sich das Messer als kleines Backup an. Die Klingenstärke von 3,5 mm ist in der Regel nicht optimal für seitliche Belastungen und auch die Achsverbindung scheint nicht die stärkste zu sein. Daher sollte man an Hebelaufgaben eher mit bedacht herangehen. 

Die eigentliche Aufgabe eines Messers ist jedoch das schneiden und hier kommt das kleine Messer schnell an seine Grenzen. Keine Frage, der D2-Stahl ist schön scharf. Er hält die Schärfe recht lange und lässt sich recht gut mit dem Schleifstein wieder in Form bringen. Auch das Klingendesign ist für die Schnitzaufgaben durchweg gut zu gebrauchen.

Nur, wenn man viel Kraft aufwenden muss, schmerzt es ein der Hand. Daran Schuld ist die Abstufung der Griffschalen im Fingerbereich. Eigentlich sollen Zeigefinger und Mittelfinger oben am Griff zur Achse hin liegen und Ring- und kleiner Finger unterhalb der Abstufung zum Griffende hin. Das ist aber bei dem kleinen Modell nicht der Fall und die Abstufung liegt genau ein der Mitte vom Mittelfinger. Greift man das Messer in der vorderen Position liegt die Stufe genau in der Mitte vom Ringfinger. Das tut richtig weh, wenn mann hartes Holz bearbeiten muss. 

Schaut man sich den großen Bruder an, das Pohl Force Force Three, merkt man sofort, dass hier die Stufe optimal für die Finger liegt. Auch hat man bei den wesentlich größeren Griffschalen deutlich mehr Platz für die Hand, was die Nutzung wesentlich komfortabler macht. Dies hat natürlch seinen Preis! Der große Bruder ist fast doppelt so schwer und ist mit seiner 10,5 Zentimeter langen Klinge deutlich wuchtiger. Das Force Four lediglich enorm schrumpfen zu lassen, ist hier eher kontraproduktiv. Der Griff hätte auf die kleine Größe angepasst werden müssen.

Trotzdem gefällt die Idee eines wirklich kleinen taktischen Messers im Pohl-Design. Wenn man die Modelle Three und Four nebeneinander legt, fällt der enorme Größenunterschied auf. Da hätte noch gut ein mittleres Modell zwischen gepasst. Vielleicht mit einer Klingenlänge von knapp unter 10 Zentimetern und einem Gewicht von unter 100 Gramm. Das Three and a half wäre dann wahrscheinlich ein richtig handlicher Flipper geworden.

Auch wenn das Force Four nicht in allen Bereichen optimal ist, möchte man es nach kurzer Zeit einfach nicht mehr missen. Es fällt unterwegs nicht auf und ist für die leichteren Task sehr gut geeignet. Auch gelingen filigranere Aufgaben einfach besser mit einem kleinen anstatt einem großen Messer. Somit ist es ideal als Zweitmesser in der Tasche neben einem feststehenden Messer am Gürtel.

Fazit
Kleiner, taktischer Flipper, der nicht ganz überzeugt.

Daten und Fakten
Herstellungsland Italien
Klingenlänge 8,0 cm
Klingenstärke 3,5 mm
Klingenschliff flach
Klingenstahl D2
Rostbeständig ja
Härte Rockwell C 60 HRC
Länge Griff 10,2 cm
Stärke Griff 1,4 cm
Material Griff G-10
Arretierung Liner-Lock
Clip Tip-up, rechts
Zerlegbar ja
Linkshändertauglich bedingt
Gewicht 84 g
Preis EUR 129,-
Bezugsquelle: Pohl Force

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