Nach anderthalb Jahren Long-COVID bin ich endlich wieder im Arbeitsprozess. Doch wirklich wieder auf dem Stand vor der Infektion bin ich aber leider immer noch nicht.
Der Weg in die Arbeit war jedoch extrem steinig! Das hat auch damit zu tun, wie Long-COVID von anderen, der Gesellschaft und dem Arbeitgeber wahrgenommen wird.
Nachdem ich die zweite Reha beendet hatte und weiterhin für arbeitsunfähig erklärt wurde, kam bei einigen Menschen in meinem Bekannten- und Familienkreis nur noch Unverständnis auf. Über ein Jahr krank, ohne dass man es mir äußerlich ansieht. Körperlich langsam immer mehr belastbarer, war die kognitive Leistungsfähigkeit weiterhin im Keller.
Nach der Reha war dann wieder Ergotherapie und kognitives Training in Eigenregie angesagt. Hatte mir die Rehaeinrichtung noch bescheinigt, eine Leistungsfähigkeit von unter zwei Stunden zu haben, versuchte ich die Latte selbständig weiter noch oben zu drücken.
Das war richtig harte Arbeit und ich war oft an meiner Leistungsgrenze. Auch langsam nahm der Druck von allen Seiten zu. Die Unverständnis der anderen, das Ende des Krankengeldes rückte immer näher undein Wiedereingliederugsversuch beim Arbeitgeber, der voll in die Hose ging.
Mental hat mich das richtig mitgenommen. Ich zog mich extrem zurück, war emotional schnell am Limit und der ein oder andere Ausraster war leider auch dabei.
Aber am Ende siegte die Beharrlichkeit. Stoisch ging ich jeden Tag meinen Weg. Körperliches Training und geistige Arbeit fruchteten langsam.
Aber gerade beim Versuch wieder in den Arbeitsprozess zu kommen, war Hilfe nötig. Erst der Vermittlungsversuch des Betriebsrats brachte den Schritt in die richtige Richtung.
So konnte ich schon während der Wiedereingliederung in einen anderen, nicht so stressigen Job Wechseln. Dort war es zudem möglich Arbeitszeit zu reduzieren, da ich schnell merkte, dass ich komplette acht Arbeitsstunden nicht würde schaffen können.
Hier sprang zusätzlich die Rentenversicherung mit einer Teilhabe am Arbeitsleben ein und federte so den finanziellen Verlust der Arbeitszeitreduzierung ab.
Eine Woche vor Beendigung der Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse begann ich endlich wieder meine reguläre Arbeit.
Aber auch dort wurde mir wiederum bewusst, dass ich nicht wieder richtig fit bin und mich die Einschränkungen der Long-COVID-Erkrankung weiterhin im Griff haben. Aber es wird besser.
Emotional geht es durch den Einstieg in die Arbeit wieder sehr viel besser. Es ist schon verrückt, wie sich die Wahrnehmung der Wertigkeit, nur durch das wieder in Arbeit sein, verändert. Selbstbewusstsein, Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen werden ganz positiv beeinflusst.
Aber ich musste auch erkennen, auf welche Menschen ich mich rückhaltlos verlassen kann und welche mir, seit der Erkrankung, mal ordentlich am Arsch vorbeigehen können.
Geheilt bin ich trotzdem noch nicht. Der Blick nach innen bleibt und wird mich auch weiterhin begleiten. Die Gefahr der Überlastung bleibt. Die Möglichkeit des Rückschritts oder des Zusammenbruchs ist also weiterhin da.
Deshalb ist dieser Blick nach innen so wichtig. Und es ist wichtig, weiterhin eher langsamer zu machen. Hier hat mich während des gesamten Genesungsprozess ein Motto begleitet: „Slow is smooth and smooth is fast“.
Ich habe vor ein paar Wochen noch ein ähnliches Motto auf deutsch kennengelernt, das noch viel besser passt: „Machste langsam, Bisse schneller.“
Also an alle Long-COVID-Geschädigte da draußen: